50 Jahre - Israel! Das war schon was. Ohne daran zu denken, waren wir gerade zu der Zeit in Tiberias. In unserem Hotel gab es Gäste, die den Holocaust überstanden hatten. Immer wieder wurden wir auf Deutsch angesprochen; man spürte, wir, Deutsche und Juden, leiden doch irgendwie gemeinsam an dem schrecklichen Geschehen in der Nazizeit.
Eines Morgens standen plötzlich alle im großen Esssaal auf. Wir schauten uns fragend um und hatten uns, wohl vernehmbar, gefragt, was denn nun los sei, so dass uns eine Frau vom Nachbartisch zuraunte: »Heute ist der Gedenktag an unsere Gefallenen - über 20.000 sind es.«
Nach den Gedenkminuten ergab sich sofort ein Gespräch von Tisch zu Tisch, - aus Polen stamme sie, Deutsch habe sie in der Schule gelernt ... Ich sagte: »Ahh, aus Polen ich habe einen lieben Freund in Kanada, der ist auch Pole« ... da platzte es aus der Frau heraus: »Gehen sie mir weg mit den Polen, die haben uns verraten und ans Messer geliefert. Als die Gestapo in die Schulklasse kam und erklärte, Juden dürften nicht mehr zum Unterricht kommen, da kicherte meine beste Freundin und zeigte mit dem Finger auf mich, meine beste Freundin! Mit Polen wollen wir nichts zu tun haben.« (Diese Geste konnte unter Umständen schon das Todesurteil gewesen sein.)
Wir waren ganz erschrocken. Was wäre aber, wenn es nur die Spirale von Hass und Vergeltung gäbe?! Wir brauchen Vergebung und Versöhnung, genauso wie Gott sie uns gibt. Der Mann meiner Gesprächspartnerin war fast ein bisschen ärgerlich aufgestanden und ging. Aber seine Frau hatte noch so viele Fragen, man spürte, es arbeitete in ihr. Gerhard Schwabe