Ich freue mich über dein Wort wie einer, der große Beute macht.
Psalm 119,162
Vor 30 Jahren - so berichtete das Hamburger Abendblatt 2017 - kaufte eine Frau auf einem Flohmarkt in London einen Ring. Sowohl Verkäufer als auch Käuferin hielten den glanzlosen Stein in der Ringfassung für billigen Modeschmuck, sodass der Ring den Besitzer für nur zehn Pfund wechselte. Da die Frau den Ring ständig trug, fiel er eines Tages einem Juwelier auf, der sie bat, das Schmuckstück einmal genauer besehen und untersuchen zu dürfen. Die Untersuchung ergab, dass der Ring aus dem 19. Jahrhundert stammte und der vermeintlich wertlose Stein in der Fassung in Wirklichkeit ein 26-karätiger Edelstein war, dessen Verkaufswert Fachleute auf 400.000 € schätzten.
30 Jahre trug die Frau 400.000 € an ihrem Ringfinger. Sie hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie reich sie war. Wie viele Jahre tragen wir unsere Bibeln mit uns umher. Wir sehen wohl auch hinein, lesen darin, aber es steht zu befürchten, dass wir kaum eine Ahnung davon haben, welche Reichtümer sich tatsächlich darin befinden. Und selbst wenn wir es (theoretisch) wissen, bleibt noch die Frage, wie viele der biblischen Schätze wir im Glauben wirklich in Besitz genommen haben.
So ziehen wir als eigentlich geistlich Reiche doch oft als innerlich Arme durch die Welt. Es ist Zeit, unsere Bibeln zu entstauben und in Gottes geöffnete Schatzkammer einzutreten, um »die größten und kostbaren Verheißungen« wiederzufinden und neu zu entdecken, dass »uns seine göttliche Kraft alles in Betreff des Lebens und der Gottseligkeit geschenkt hat« (2. Petrus 1,3-4). Dazu müssen wir nur das tun, was der große Kirchenvater Augustinus (354-430 n. Chr.) sich und seinen Zeitgenossen mit Blick auf die Bibel riet: »Tolle lege!« - »Nimm und lies!«
Martin von der Mühlen