Meine Mutter hatte mir schon als kleinem Jungen viel von der himmlischen Herrlichkeit erzählt und von dem grenzenlosen Licht, in das alles dort getaucht sei. Höchstwahrscheinlich ahnte sie schon, dass sie höchstens zwei Jahre später selbst in dieses strahlende Licht eintreten würde.
Wenn ich dann an Winterabenden den Sternenhimmel sah, stellte ich mir vor, die Sterne seien Löcher im Himmelsfußboden, durch die das himmlische Licht auf die dunkle Erde fiel. Auch wenn ich später erfuhr, dass schon vor mir solche Gedanken geäußert wurden, freue ich noch heute daran, obwohl sie natürlich, kosmologisch betrachtet, totaler Unsinn sind.
In der Grundsprache des Neuen Testaments wird der Mensch als Anthropos, als »der nach oben Gewendete« bezeichnet. Im Gegensatz zu allen anderen Geschöpfen ist er nicht nur für diese Erde bestimmt, sondern hat die Berufung für eine höhere Welt. Leider ist es dem Teufel gelungen, den Menschen einzureden, sie seien nichts weiter als eine Tierart; aber unsere Sehnsucht nach Liebe, Glück und Frieden und unser Sinn für das Schöne und Erhabene, aber auch unsere Freude, Böses zu tun, sollten uns nachdenklich stimmen.
Gott hat uns zu etwas Besserem berufen und uns die Sehnsucht danach - wenn auch oftmals sehr verdunkelt - ins Herz gelegt. Wir sollen uns nach oben wenden, wo uns die Sterne an eine bessere Welt erinnern. Um dorthin zu gelangen, hat Gott selbst die Voraussetzung geschaffen, indem er seinen Sohn für unsere Schuld leiden ließ. Die Tür dorthin steht immer noch offen. Es wäre doch schade, wenn wir das große, uns von Gott ermöglichte Ziel verpassten und in ewiger Finsternis zugrunde gingen.
Hermann Grabe