Doch ich weiß: Mein Erlöser lebt; und als der Letzte wird er über dem Staub stehen. ... Ja, ich werde ihn für mich schauen; dann sehen ihn meine Augen, aber nicht als Fremden.
Hiob 19,25.27
Diese unendlich langen Spaziergänge! Als Kinder haben wir sie gefürchtet. Ob am Sonntag oder im Urlaub, immer war es eine große Herausforderung durchzuhalten, bis endlich das Ziel erreicht war. Und wenn man Pech hatte, gab es auch noch den Rückweg. Aber da wusste man ja wenigstens, wie lang er war. Und viel langweiliger als vorher war es dann auch nicht mehr, denn man sah ja jetzt alles aus einer anderen Perspektive. Trotzdem, man musste sich - mit viel Ansporn durch die Eltern - dazu überwinden.
Wenn man im Glauben unterwegs ist, kann es einem auch lang werden, aber niemals langweilig. Doch nicht »Wie lange noch?« ist hier die vorrangige Frage, sondern: »Was kommt alles noch?« Glaube ist mit Erwartung verbunden, und der Anschub, vorwärtszugehen, ist dadurch gegeben, von Jesus, Gottes Sohn, geliebt zu sein, von Anfang bis Ende. Ja, in dieser Liebe fühlt man sich getragen und das Voranschreiten fällt leicht, ob es nun steil aufwärts geht, durch den dunklen Wald, über eine blühende Wiese unter blauem Himmel oder durch eine tiefe und enge Schlucht. Das Leben im Glauben bereitet trotz Schwierigkeiten sehr viel Freude und erzeugt eine tiefe Dankbarkeit, weil man so viel empfangen hat und nun erleben darf: Kraft und Ausdauer für kleine und große Aufgaben; Liebe und Geduld, wenn man andere zeitweise mitziehen muss; einen geschärften Sinn für Dinge und Menschen, die oft übersehen werden; freundliche Worte für den Austausch unterwegs, der den Zugang zum Leben anderer öffnet.
Und wann ist das Ziel erreicht? Wenn wir vor Jesus stehen und ihn von Angesicht zu Angesicht sehen. Dann werden wir nicht mehr glauben, sondern schauen, wie schon Hiob sagte: »Ja, ich werde ihn für mich schauen; dann sehen ihn meine Augen, aber nicht als Fremden.«
Joachim Pletsch