»I like Genuss sofort!« hieß vor Jahren schon ein bekannter Slogan. Immer wieder hören oder lesen wir, dass Leute »just now,« jetzt im Augenblick etwas getan haben wollen. Bei einer solchen Einstellung fällt das Warten schwer.
Nun entdecken wir aber beim Lesen der Bibel, besonders des Alten Testaments, dass Gott seine Leute immer wieder, und oft reichlich lange hat warten lassen, ehe er ihre Not linderte und ihre Wünsche erfüllte. Man kann das Alte Testament beinahe das »Buch der Wartenden« nennen.
Es scheint nicht zu Gottes Methoden zu gehören, prompt auf unsere Bitten zu reagieren, was manche gern als Beweis für die Nutzlosigkeit des Betens anführen. Wem Gott aber Verständnis für die ewigen Dinge geschenkt hat, der lernt an den biblischen Berichten, dass sich die dort beschriebenen Wartezeiten stets segensreich ausgewirkt haben.
Wozu kann denn das Warten aus Gottes Sicht gut sein? Durch Warten lernen die, die auf Gott vertrauen, ihr eigenes Unvermögen zur Selbsthilfe kennen. Sie erkennen, wie eigenmächtig und eigensinnig sie bisher versucht hatten, ihren Willen durchzusetzen. Sie lernen, sich an Gott festzuhalten, und erleben so seine durchhelfende Kraft. Sie merken, wie wenig Hilfe von dieser gefallenen Schöpfung zu erwarten ist. Ihre Hoffnung wird auf eine bessere, d.h. himmlische Erlösung gerichtet.
Wenn geistliches Wachstum etwas zählt - und ich halte es für das Entscheidende im Leben von Christen - dann gibt es nichts, was intensiver dazu beiträgt als das Warten auf den Zeitpunkt, den Gott für seine Hilfe bestimmt hat.
Hermann Grabe