Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein großes Licht. Die im Land der Finsternis wohnen, Licht leuchtet über ihnen.
Jesaja 9,1
Ein aus dem Ruder gelaufenes Klima, Extremwetter, Starkregen. Was viele Menschen heute fürchten, war 1816 Realität durch den Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora. Dieser größte bis dahin von Menschen dokumentierte Vulkanausbruch markierte die »erste globale Klimazerstörung« und bescherte der Welt ein Jahr ohne Sommer. Ende Juli lag Süddeutschland unter einer Schneedecke, heftige Regenfälle sorgten für Überschwemmungen, Typhus, Cholera und sogar die Pest grassierten. Die Ernten fielen aus oder waren stark dezimiert, was wiederum zu Preissteigerung, Hunger, sozialen Unruhen und Migration führte.
In diesem buchstäblich dunklen Jahr entstanden zahlreiche Schauergeschichten wie »Frankenstein« oder »Der Vampyr«. Aber es wurde auch ein Lied gedichtet, das inzwischen von der UNESCO als »Immaterielles Kulturerbe Österreichs« anerkannt ist: »Stille Nacht, heilige Nacht«, gedichtet von Joseph Mohr. Die süßliche Melodie, die wir alle schon oft als Hintergrundmusik beim Einkaufen gehört haben, und die kitschig anmutende Phrase »holder Knabe im lockigen Haar« kann dazu führen, dass die Sprengkraft dieses Liedes übersehen wird. In einer Zeit, wo die einen vor Not nicht mehr ein noch aus wussten, und die anderen sich an dunklen Fantasien ergötzten, erzählte dieses Lied von einer lebendigen Hoffnung: »Christus, der Retter, ist da.«
Christus rettet und will uns von unserer Gottesferne, Einsamkeit und Schuld erlösen. Dazu ist er als Licht in diese finstere, kaputte Welt gekommen; das wird bis heute besungen und erfahren – gerade von Menschen, die sich in großer Not befinden. Ob es erst dunkle, kalte Zeiten braucht, bis wir eine Sehnsucht nach der Wärme dieses Lichts bekommen?
Elisabeth Weise