Wir haben uns daran gewöhnt. Redegewandte Vertreter aus den Parteien der Opposition fordern in großer Regelmäßigkeit Verbesserungen der Lebensumstände der Bürger, einen »Wohlstand für alle«, was wiederum von der Regierung mit dem Hinweis auf die leeren Kassen abgelehnt wird.
Aber auch die Medien machen der Bevölkerung Appetit auf die erhobenen Forderungen. Denn das kommt immer gut an, wenn man uns für benachteiligt erklärt.
Die Gewerkschaft fordert für ihre Mitglieder Lohnzuwachs und weist dabei meist auf höhere Einkommen in einer anderen Branche hin. Was für jene recht ist, kann für diese nur billig sein. Und wenn man die Argumente hört, hat man sogar Verständnis für die jeweils erhobene Forderung.
Wie aber sähe die Sache aus, wenn wir unseren Tagesvers ernst nähmen? Dann wären wir schon zufrieden, wenn wir immer satt werden und nicht frieren müssen. Bedenken wir darüber hinaus, dass der weitaus größte Teil der Menschheit nicht einmal diese Grundbedürfnisse befriedigt bekommt, so haben wir in den westlichen Ländern eigentlich Grund genug, dankbar zu sein.
Wenn auch Christenleute das vergessen haben, so zeigt das, wie wenig wir bedenken, dass dies Leben als eine Pilgerreise zu unserer ewigen Heimat aufzufassen ist, bei der überflüssiges Gepäck nur das Vorankommen erschwert. Und von all dem können wir auch nichts mit in den Himmel bringen. Außerdem kann man mit den nicht gebrauchten Sachen viele Menschen erfreuen, denen es am Nötigsten fehlt. Eberhard Liebald