Heute vor 210 Jahren, am 10. Januar 1797, wurde auf dem Familiengut Hülshoff im westfälischen Münsterland eine der bedeutendsten Lyrikerinnen Deutschlands geboren: Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848). Die lebenslang kränkliche und schon im Alter von 51 Jahren gestorbene Dichterin erfasste in ihren Werken die sinnlich erkennbare Natur, das gesellschaftliche Milieu der Zeit und nicht zuletzt auch die Psyche des Menschen. Dabei übersah sie nicht das Böse in unserer Welt, das sie »als Frucht der tief verankerten Sünde, einer Urkonstitution des Menschen«, betrachtete, wie es der Literaturwissenschaftler Emil Staiger ausgedrückt hat. In der berühmten Novelle »Die Judenbuche« und in der Ballade »Die Vergeltung« zeigt sie, wie schwere Schuld den Menschen nicht loslässt. Schuld mag von den Mitmenschen unentdeckt bleiben, irgendwann aber trifft den Sünder die »Vergeltung«, und wenn er sie - wie der Mörder an der »Judenbuche« - selbst an sich vollziehen muss.
Symbolhaft ist so das Schicksal jedes Menschen vorgezeichnet, wenn auch nicht in jedem Fall für diese Zeit, aber letztlich doch für die Ewigkeit. Vor Gott ist jeder Mensch ein Sünder, weil er Gott nicht die ihm zukommende Ehre erwiesen und sein Versöhnungsangebot in Jesus Christus nicht angenommen hat. Dies ist wirklich die Urkonstitution des Menschen, die ihn für die Ewigkeit in die schreckliche Gottesferne verdammt. Aber im Unterschied zu den ausweglosen Situationen in unserer Welt hat Gott mit dem Opfertod seines Sohnes unsere Schuld selbst gesühnt. Wenn wir es doch glauben wollten, dass uns als Sünder die Vergeltung nicht trifft, weil sie Gott in Jesus Christus selbst getroffen hat! Gerhard Jordy