Als ich ein kleiner Junge war, lag Hitlers »Tausendjähriges Reich« in den letzten Zügen. Im Frühjahr 1945 erhielten wir Einquartierung von Hitlers »Bausoldaten«. Der Offizier war »Blutsordensträger«, weil er schon 1923 am Marsch auf die Feldherrnhalle teilgenommen hatte.
So hörte ich zum ersten Mal etwas über den »Hitlerputsch« 1923 in München. Von diesem Ereignis würde heute niemand mehr reden, wenn nicht zehn Jahre später ebendiesem Hitler die »Machtergreifung« gelungen wäre und es ihm dadurch möglich wurde, die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs auszulösen. Im Rückblick war also dieser gescheiterte Hitlerputsch von 1923 das ferne Grollen eines herannahenden gewaltigen Gewitters. Doch kaum jemand nahm das damals zur Kenntnis.
Die Zeichen der Zeit und ihre Geister zu prüfen, ist oft schwierig, aber auch nicht unlösbar. Denn eigentlich hätte jedem, der Hitlers »Mein Kampf« gelesen hatte, klar sein müssen, dass Hitler Krieg haben und die Juden ausrotten wollte. Und wer durch die Bibel über die Rolle Israels in der Geschichte informiert war, konnte in Hitler den Todfeind Gottes erkennen. Es hat nicht wenige Menschen in Deutschland gegeben, die zu diesem Urteil kamen. Sie wurden aber nicht gehört. Dagegen ließ sich die Mehrheit blenden, wenn Hitler vom »Herrgott« oder der »Vorsehung« faselte.
»Prüft die Geister, ob sie aus Gott sind«, mahnt der Apostel Johannes die Gläubigen. Viele Christen haben das damals nicht getan. Und ich fürchte, dass es heute auch viele nicht tun. Das sollte uns aber nicht abhalten, die Bibel eifrig zu studieren, damit wir wachsam sind und uns auf die Stunde der Versuchung vorbereiten, die über die ganze Erde kommen soll (Offenbarung 3,10). Karl-Otto Herhaus