In meiner Branche, der Immobilienwirtschaft, gibt’s besonders tragische Fälle, in denen etwas oberflächlich kopiert wurde und voll danebenging.
Mit der Überschrift »Etageneigentum, auch für Geringverdienende« wurden in einer Ruhrgebietsstadt durch unterschiedliche Firmen Mehrfamilien-Hochhäuser in Wohnungs-Eigentum umgewandelt. In einem Fall gedeiht das Betreiben des Gebäudes nun auch nach etlichen Jahren noch. Im anderen Fall wurde die Idee völlig vor die Wand gefahren. Warum? Weil viele auswärtige Erwerber angeworben wurden, die oft wirtschaftlich extrem schwach waren. Ihnen wurde neben einer stark geschönten Belastungsrechnung – in der sich Mieteinnahme und Kosten incl. Kredittilgung voll deckten – ein größerer Barbetrag, auszahlbar gleich am Kauftag, versprochen.
Sobald die ersten Mietausfälle kamen, begann das Elend vielfach. Der ETW-Eigentümer bediente seine Hypothek nicht mehr. Der Verwalter erhielt keine Vorauszahlung der Betriebskosten. Dadurch bezahlte dieser nicht mehr den Wartungsdienst der Aufzugsanlage. Ältere Mieter der oberen Geschosse zogen zwangsläufig aus. Auch die mangelnden Abschlagszahlungen an die Energielieferanten sorgten im ersten Winter für das Abstellen der Heizung. Eine teilweise dennoch neu gewonnene, raue Mieterschaft verängstigte die verbliebenen Altmieter. In der Folge wurde das einst stolze Großobjekt zum Geisterhaus. Banken kündigten Kredite. Zwangsversteigerungen fanden kaum noch Nachfolgekäufer. Die Ruine soll nun irgendwann abgerissen werden.
»Zu kurz gesprungen«, nur an Profit gedacht. Kopieren wollen – ohne die vielen Einzelschritte zu bedenken und fleißig zu gehen. Klaus Spieker