Als vor 325 Jahren, am 12. September 1683, die Sonne über Wien aufging, entschied sich die Zukunft des Abendlandes. Wien, die Kaiserstadt, war nach 62 Tagen der Belagerung schwer angeschlagen. Mehrere Breschen waren in die Mauern gebrochen und einige Minengänge unter die Mauern der Stadt gegraben worden. Nur noch Stunden konnte es dauern und die Mauern der Stadt würden vom Heer des türkischen Großwesirs Kara Mustafa in die Luft gesprengt werden. Doch durch den Wienerwald drang, unbemerkt von den Türken, das Entsatzheer heran, das auf wenigen schmalen Wegen durch den Wald vom Kahlenberg herabkam und auf halber Höhe des Berges eine geschlossene Front aufbaute. Dann schlug es in dieser alles entscheidenden Schlacht die Türken ohne große Gegenwehr in die Flucht.
Warum haben die Türken das Heranrücken des Heeres im unwegsamen Wienerwald nicht bemerkt, noch ihr Heerlager verschanzt und für eine Verteidigung vorbereitet? Der offizielle Augenzeuge kennt nur eine Erklärung: »So ist es ja niemand anderes, der ihnen den Hasen in den Busen gesteckt, niemand, der ihnen die Furcht in ihre Herzen eingejagt, niemand, der sie, damit sie ihren Vorteil nicht erkennen, verblendet hat, als der allmächtige, gütige und gerechte Gott. Dem sei die Ehre, Glorie und Danksagung von nun an bis in Ewigkeit.«
Gott verleiht den Menschen das Königtum. Nicht weil diese vollkommen wären. Wie viel Machtgerangel und Ehrsucht war damals unter dem sogenannten christlichen Heer! Das Entsatzheer kam deshalb fast nicht zustande. Wo aber unvollkommene Menschen seine Allmacht und Güte anerkennen, werden sie seine Unterstützung finden.
Gerhard Kimmich