Dieser Ausspruch der Kanzlerin, so positiv er gemeint war, bedarf noch einer genaueren Betrachtung. Einerseits muss man ihr vermutlich Recht geben, denn wenn es ein Land gibt, dem Mittel und Wege zur Umsetzung der Flüchtlingshilfe zur Verfügung stehen, dann wohl in erster Linie eines der reichen Länder der westlichen Welt. So betrachtet, besitzt Deutschland sehr wohl Mittel, um Gewaltiges zuwege zu bringen.
Andererseits geht es aber nicht nur um die Mittel, die zur Verfügung stehen, sondern auch um Vertrauen, beispielsweise, dass Integration langfristig gelingt und nicht zur Verschlechterung der allgemeinen Lage im Land führt. Mit einem Wagnis sind natürlich stets Unwägbarkeiten verbunden, die niemand zu 100 % einschätzen kann. Die Überzeugung »Wir schaffen das!« setzt also Vertrauen voraus, dass auch alle sich aus der Flüchtlingshilfe ergebenden Unwägbarkeiten bewältigt werden können, über das persönliche Vermögen des Einzelnen hinaus. Worauf aber gründet sich dieses Vertrauen?
Christen wissen durch Gottes Wort, die Bibel, dass ihr menschliches Vermögen begrenzt ist und dass sie insbesondere in Krisen die Hilfe Gottes benötigen. Unser Tagesvers gibt eine Aufforderung Jesu wieder, die unsere Situation treffend beschreibt: Wir wollen gerne das Beste erreichen, werden dabei aber mit unserem Unvermögen konfrontiert. Wachsamkeit und das Gebet um Kraft »von oben«, um der Erprobung standzuhalten, werden dieser Situation aus christlicher Sicht am ehesten gerecht. Wenn man also bis an die Grenzen seiner Belastbarkeit herausgefordert wird, wie es in der Flüchtlingskrise offenbar viele empfunden haben, sollte man vielleicht einmal diese Möglichkeit des Gebets erwägen – anstatt vorschnell das Handtuch zu werfen.
Joachim Pletsch