Das Lächeln der Zukunft
betitelt ein deutsches Nachrichtenmagazin Claudinnes Geschichte. Ihre schreckliche Traumatisierung trägt sich 1994 bei einem Massaker in Ruanda zu: Alle Familienangehörigen des sechsjährigen Tutsi-Mädchens werden auf bestialische Weise umgebracht. Claudinne erlebt mit, wie ihre Eltern und neun Geschwister den Buschmessern der Hutu-Rebellen zum Opfer fallen. Ein Machetenhieb durchtrennt die Nase des Kindes und dringt tief in die Wangen und Kiefernknochen ein. Claudinne überlebt nur deshalb, weil die Mörder das Mädchen totglauben. Sie kann trotz großen Blutverlusts gerettet werden. In einer Foto-Reportage wird später über das Schicksal Claudinnes berichtet.
Der Anblick des vernarbten Kindergesichtes lässt einem Leser dieses Beitrags keine Ruhe. Der 77-jährige Rentner aus Karlsruhe verzichtet auf einen Neuwagen, um Claudinne eine plastische Gesichtsoperation zu ermöglichen. Er möchte sich auch weiter um die Waise kümmern, die mittlerweile in einem SOS-Kinderdorf lebt ... Zu einem Radiobeitrag anlässlich des Weltkindertages reisen erneut Reporter in das ruandische Kinderheim. Sie wollen über die erfolgreiche Gesichtskorrektur berichten. Es wird ihnen gestattet, ein behutsames Interview zu führen. Als sie das Zimmer betreten, hört man ein Stimmchen Unverständliches singen. »Was singt sie da?«, fragt der Reporter den einheimischen Betreuer. »Das heißt: Jesus, ich liebe dich, denn du hast mich zuerst geliebt ...« Als der Beitrag gesendet wird, kann ich meine Tränen nicht zurückhalten. Eine schrecklich vernarbte Kinderseele kann heil werden durch die Liebe, die stärker ist als Hass und Tod.
Andreas Fett