Wer kennt das nicht? Kaum hat man seinem Herzen Luft gemacht und dem anderen »die Meinung gegeigt«, da hätte man alles gerne nicht gesagt. Aber es ist wie mit einem Sack voller Federn, den man vom Balkon herab ausgeschüttelt hat. Die kann auch kein Mensch jemals wieder einsammeln. Und dann sitzt man da mit seiner Scham und weiß nicht, wie man den angerichteten Schaden wiedergutmachen soll.
Ich bin zusammen mit fünf Geschwistern aufgewachsen. Darum weiß ich, wovon ich rede. Und jedes Mal musste ich zugeben, dass ich mir das erspart hätte, wenn ich erst nachgedacht und dann geredet hätte und nicht umgekehrt. Und die verletzende Äußerung hätte ich auf jeden Fall vermieden, wenn ich mein Gegenüber wirklich lieb gehabt hätte; denn die Liebe wütet nicht herum, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht zu zynischen Bemerkungen hinreißen und macht auch keine bösen Vorhaltungen. Vor kurzem hörte ich den Satz: »Verpasse nie eine Gelegenheit, deinen Mund zu halten!« Der Satz ist auf jeden Fall richtig, wenn man in Rage ist. Nette, freundliche Worte kann man nämlich gar nicht genug sagen.
König David bat Gott in unserem Tagesvers: »Setze, HERR, meinem Mund eine Wache!« Er wusste, zu was er fähig war, und wie viel Schaden er durch unbedachtes Reden anrichten konnte. Zum Glück kannte er aber auch einen, der auf ihn achtgeben und ihn vor bösem Reden bewahren konnte. Gott tut es aber nur, wenn man so nahe bei ihm bleibt, dass man sich immer seiner Nähe bewusst ist. Dann betet man immer wieder - wie auch David - »Lass das Reden meines Mundes und das Sinnen meines Herzens wohlgefällig vor dir sein, HERR!« (Psalm 19,15).
Joel Wjst