Dieser Song von John Newton ist wohl das einzige Kirchenlied, das jemals eine Zeit lang oben in den Pop-Charts gestanden hat. Und ich glaube, dass es diese Ehre auch nur erlangte wegen der eingängigen Melodie, der attraktiven Interpretin und der einfühlsamen instrumentalen Begleitung, und nicht, weil der Text so seicht und nichtssagend wäre, dass man ihm das Fromme gar nicht anmerken würde.
Ganz im Gegenteil, schon in der ersten Strophe muss sich jeder Sänger als einen »wretch« bezeichnen, was man am genauesten mit »hoffnungslos heruntergekommenes Subjekt« übersetzen müsste. So etwas ohne Melodie und Instrumentalbegleitung von sich sagen zu müssen, würde sicher den meisten von uns schwerfallen.
John Newton musste man bis zu seiner Umkehr zu Gott allerdings so bezeichnen. Sein Leben bestand aus einer schrecklichen Folge meist selbst verschuldeter Pannen und Pleiten, wenn er es auch mit Hilfe seines Vaters bis zum Kapitän eines Sklavenschiffes brachte.
Doch Gottes staunenswerte Gnade, seine »amazing grace«, brachte ihn zur Umkehr. So entstand aus Dankbarkeit dieses Lied. Von da an setzte er sich als Pastor energisch für die Abschaffung der Sklaverei ein. Er wurde ein weithin bekannter Seelsorger und dichtete viele Lieder für seine Gemeinde.
John Newton stellte sich immer wieder selbst als ein leuchtendes Beispiel für die Retterliebe Gottes vor, der sogar seinen Sohn opferte, damit alle »hoffnungslosen Subjekte« eine Möglichkeit zur Heimkehr zu Gott haben möchten. Niemand ist für Gott zu schlecht und zu tief gesunken. Seine »amazing grace« reicht für alle. Sie reicht auch heute noch für jeden, der kommen will, und sie reicht bis zum letzten Tag dieses Zeitalters.
Hermann Grabe