Heute vor 110 Jahren erschien in der französischen Zeitung L'Aurore ein Offener Brief an den Präsidenten der Republik Frankreich mit der eindrucksvollen Schlagzeile »J'accuse« (= Ich klage an). Der berühmte Schriftsteller Emile Zola (1840-1902) klagte darin die französische Militärgerichtsbarkeit an, 1894 den französisch-jüdischen Hauptmann Alfred Dreyfus mit Hilfe gefälschter Papiere der Spionage bezichtigt und lebenslänglich nach Übersee verbannt zu haben, um Spionage im Kriegsministerium zu vertuschen. Die Folge war, dass Zola nach England flüchten musste, um der Verhaftung zu entgehen. Das öffentliche Aufsehen sorgte aber dafür, dass Dreyfus begnadigt und schließlich 1906 rehabilitiert wurde.
Die Affäre zeigte nicht nur den antisemitischen Charakter damaliger national-klerikaler Kreise in Frankreich, sondern auch, wie schwer es dem Menschen fällt, die Wahrheit einzugestehen, wenn sie sich gegen ihn selbst richtet. Sogar vor Gott, vor dem doch alles offenbar ist, möchte der Mensch oft seine Schuld nicht zugeben, seinem Schöpfer nicht die schuldige Ehre erwiesen zu haben. Aber nur unser uneingeschränktes Schuldeingeständnis kann uns frei machen, frei für die Einsicht, dass Jesus Christus unsere Schuld gesühnt hat und Gott unser Vater geworden ist, frei auch von allen Zukunftssorgen, weil Gott als unser Vater unsere Zukunft in alle Ewigkeit in seine Hand genommen hat. Wer so frei ist, darf auch glücklich sein.
Und was wäre die Alternative? Man bleibt ein schuldbeladener Sünder, der nichts als das ewige Verderben zu erwarten hat. Gerhard Jordy