Kennen Sie das? Aus irgendeinem Grund mussten Sie sich eine Predigt anhören, vielleicht bei einer Beerdigung, oder weil ein Verwandter 100 Jahre alt geworden war und die Kirche »ihren Senf dazugeben« wollte. Auf die Frage: »Was hat der Pastor denn gesagt?« konnten Sie höchstens antworten: »Viel zu viel!« Sonst war alles weg. Vielleicht erinnern Sie sich noch an ein diffuses Unbehagen, weil das Gesagte nicht so richtig in Ihre Stimmung passte, weil Sie an etwas erinnert wurden, was Sie eigentlich verdrängt zu haben glaubten.
Wenn Gottes Wort wirklich gepredigt wird, haben viele Leute das Gefühl, der Redner solle doch, bitteschön, nicht so indiskret oder gar aufdringlich werden. Bei der Beerdigung hat er Trost zu spenden, dem Verstorbenen möglichst viel Ehre zu erweisen, ihn in freundlichsten Farben zu malen und der ganzen Angelegenheit Feierlichkeit und Würde zu verleihen, und beim runden Geburtstag geht's erst recht nicht darum, irgendjemand auf den Zeh zu treten.
Gott denkt da ganz anders. Er sieht uns Menschen nämlich in höchster Gefahr, und weil er die Menschheit liebt, kann er nicht anders, als seine Boten zu beauftragen, sie zu warnen. Der Herr Jesus Christus stellt es in dem vorliegenden Gleichnis so dar: Gott lässt den Menschen das Evangelium verkünden; aber das gefällt dem Teufel nicht. Er will seine Beute für sich behalten, und da scheint es ihm das Beste zu sein, die Menschen so unempfänglich zu machen wie einen festgetretenen Weg und dann den ausgestreuten Samen, das Wort Gottes, so schnell wie möglich verschwinden zu lassen. Dann bleibt alles beim Alten. Leider hat er häufig Erfolg damit.
Hermann Grabe