Langsam nähert der Zug sich dem roten Haltesignal. Es ist dunkel und die Scheinwerfer der Lokomotive erhellen nur ein wenig die Gleise. Dann zerreißt das Quietschen der Räder des Zuges die Stille der Nacht. Einige maskierte Männer dringen ins Fahrerhaus ein und überwältigen den Zugführer. Wenig später wird der Postzugwaggon, der ca. 28,5 Mio. Pfund enthält, von den Gangstern entleert. Das war einer der spektakulärsten Überfälle der Geschichte, der wenige Männer reich machte.
So dachten sie wenigstens. Später sollte sich zeigen, dass keiner der Beteiligten mit dem Geld glücklich geworden ist (siehe auch die Andacht vom 8. August). Die meisten erhielten langjährige Haftstrafen, und bis dahin war ihr Leben nur von Angst vor Entdeckung gekennzeichnet. Es gibt gerade über diesen Fall ausführliche Berichte, die nicht zur Nachahmung anspornen.
Natürlich, wir sind keine Bahn- oder Bankräuber; aber mancher »Ehrenmann« hat auf ganz legale Weise anderen mehr Geld aus den Taschen gezogen als die oben erwähnten Gangster. Und wir? Geben wir immer »Gott, was Gottes, und dem Kaiser, was des Kaisers ist«? Diese Forderung stellt nämlich die Bibel. Und wenn wir schon ganz ehrlich beim Finanzamt sind und auch nicht schwarzarbeiten, so lässt uns unser Egoismus doch vielen vieles schuldig bleiben. Oder tun Sie alles, was Ihre Eltern, Ihr(e) Ehepartner(in), Ihre Kinder und Ihr Chef von Ihnen erwarten dürfen? Volker Koenig