Wegen der häufigen Fehlurteile in der Geschichte und weil wir uns noch an die Ungerechtigkeiten des »Volksgerichtshofes« der Nazis erinnern, sind unsere Gerichte sehr vorsichtig in der Urteilsfindung und -verkündung. Bis alle Zeugnisse geprüft sind, nennt man daher Angeklagte immer »mutmaßliche« Täter. Diese Vorsicht ist geboten, weil wir Menschen nicht in das Herz anderer Menschen blicken können, sondern auf äußere Beweise angewiesen sind, es sei denn, der Angeklagte würde sich selbst anklagen und ein öffentliches Geständnis ablegen.
Gott ist nicht auf »Beweise« angewiesen. Er liest in jedem Herzen alles, was wir gegen ihn oder für ihn getan haben. Leider überwiegen auch bei dem besten Menschen die negativen Dinge; so sind wir alle schuldig vor Gott, und er müsste uns alle verurteilen. Denken wir nur an unsere Lügen oder an böse Nachrede, Selbstgerechtigkeit oder an die Gier nach Geld, Anerkennung und Macht! All das ist Gott längst bekannt. Aber er weiß auch, dass wir das niemals gutmachen können. Und weil er uns, seine höchsten Geschöpfe, liebt, hat er die Strafe, die wir verdient haben, auf sich genommen. Sein Sohn Jesus Christus bezahlte mit seinem kostbaren Leben für unsere Schuld.
Nun will Gott nur noch, dass wir so beten wie David, als er auch einmal schrecklich gesündigt hatte. In unserem Tagesvers lesen wir einen kleinen Ausschnitt aus seinem Bußgebet. Und das hat Gott angenommen. Zwischen ihm und Gott war danach alles wieder in Ordnung, allerdings blieb David die öffentliche Demütigung nicht erspart, weil alle Welt von seinem Fehltritt erfahren hat. Aber auch das hat seinen Zweck: Alle sollten wissen, wie Gott über das Böse denkt.
Rudolf Kühnlein