Es gibt wohl kaum ein Thema, das für den heute lebenden, modernen Menschen so unangenehm ist, wie das Thema der eigenen Sterblichkeit. Keine Tatsache wird von so vielen Menschen so angestrengt aus den Gedanken verdrängt, wie das Wissen, dass sie auf dieser Erde nur eine gewisse Zeitspanne zur Verfügung haben. Nach den aktuellen Statistiken liegt die Lebenserwartung für Neugeborene bei Männern bei ca. 83, bei Frauen dagegen bei ca. 86 Jahren. Doch letztlich kann sich kein Mensch darauf verlassen, ein vergleichbares Alter zu erreichen. Viele Menschen erfahren durch Verkehrsunfälle oder plötzlich aufkommende Krankheiten eine viel frühere Beendigung ihres Lebens.
Es ist wahr, was Anselm von Canterbury (ein Theologe des 11./12. Jahrhunderts) dazu sagte: »Nichts ist gewisser als der Tod, aber nichts ist ungewisser als seine Stunde.« Ein schottischer Pfarrer versuchte manchmal, die Menschen seiner Umgebung auf diese ernste Tatsache aufmerksam zu machen.
So betrat er eines Tages ohne anzuklopfen das Geschäft eines Mannes, der sich gerade in seine Jahresabschlussarbeiten vertieft hatte. »Haben sie mich erwartet?«, fragte er ihn plötzlich in schroffem Ton. Der Mann fuhr zusammen. »Nein, Herr Pfarrer«, antwortete er, »ich habe Sie nicht erwartet.« Der Pfarrer wartete einen kurzen Moment und sagte dann: »Und wenn ich der Tod gewesen wäre?« Mit dieser Frage verließ er das Geschäft. Ist es nicht für jeden Menschen wichtig, sich bewusst zu machen, wie plötzlich unser Leben zu Ende sein kann? Und dass wir genau genommen noch nicht einmal eine Garantie haben, den heutigen Tag zu überleben? Stefan Nietzke