Der Vater saß abends am Bett seiner Kinder und erzählte ihnen die Geschichte von der Schlange im Paradies, die unsere ersten Eltern so schrecklich betrog. Plötzlich sagte der kleine Junge: »Warum hat Gott die Schlange in den Garten gelassen?«
Diese Frage eines Fünfjährigen gehört zu den ganz großen Menschheitsfragen, die wir hier auf Erden nie lösen werden; denn jede Antwort führt in eine Sackgasse. Entweder kommt heraus, dass Gott nicht allmächtig und nicht allwissend ist, weil die Schlange ihn ausgetrickst hat; oder dass Gott es mit den Menschen nicht wirklich gut meint, sondern auf deren Kosten ein wenig mit ihnen experimentierte.
Wir wissen, dass beides nicht stimmen kann, weil selbst der Teufel »Gottes Teufel« ist (Martin Luther) und weil Gott uns so lieb hat, dass er sogar seinen Sohn für uns sterben ließ. Natürlich wissen wir das nur durch den Glauben, aber diese Möglichkeit ist uns ja gnädigerweise eröffnet worden. Man kann sie mutwillig ausschlagen; aber dann ist man auf seine menschliche Wenn-dann-Logik angewiesen und wird sich je nach Temperament und Erziehung für das eine oder das andere entscheiden, wenn man nicht alles als überflüssige Grübelei abtut. Oft wird ärgerlich argumentiert: »Wir haben doch schließlich auch unseren Verstand von Gott bekommen, um ihn zu gebrauchen, und nicht, um ihn an den Nagel zu hängen. Natürlich! Aber unser Verstand ist zum Begreifen der sichtbaren Welt geschaffen. Gott sagt ausdrücklich, dass man mit ihm Gott nicht erkennen kann. Die Gotteserkenntnis ist ein Gnadengeschenk, um das wir bitten dürfen. Wer das überflüssig findet, wird einmal erschrecken, wenn er dem lebendigen Gott gegenübersteht.
Hermann Grabe