Die Geschichte, auf die sich der Tagesvers bezieht, ist ungefähr 3000 Jahre her. Doch dass ein Volk sich von einem anderen trennen will, das gibt es auch in der Gegenwart, man denke an die Probleme, die die Schotten den Engländern bereiten.
Mit dem altehrwürdigen »Österreich-Ungarn« war es vor 150 Jahren ähnlich. Die Ungarn waren es satt, an den Lasten der Doppelmonarchie beteiligt zu sein, während die Vorteile von Wien kassiert wurden. So nahmen die Ungarn 1867 eine Gelegenheit wahr, um mehr zu erreichen. Im Jahr davor war Österreich von Preußen geschlagen worden und musste sich aus Deutschland zurückziehen. Manche Völker, die sich unter der Krone Habsburgs angesammelt hatten, fragten sich: ›Was sollen wir noch bei Habsburg? Können wir unsere Probleme nicht besser allein lösen?‹ Österreich war in der Gefahr, sich in seine Einzelstaaten aufzulösen, es drohte der Absturz in die politische Bedeutungslosigkeit. Das aber nützte niemandem, auch nicht denen, die die Abtrennung betrieben. So entstand heute vor 150 Jahren die sogenannte Doppelmonarchie, besser bekannt als k. u. k. »Österreich-Ungarn«. Sie hatte nur bis zum Ersten Weltkrieg Bestand.
Auch im alten Israel mussten die Menschen die Erfahrung machen, dass es selten von Segen ist, die eigenen Interessen an die oberste Stelle zu setzen. Eine handgreifliche Folge war, dass Israel 150 Jahre früher am Ende war als sein Brudervolk im Süden. Trennung bedeutet letztlich auch Schwächung, selbst wenn man das zunächst nicht sieht. Es kann kurzzeitig sogar zu einem Aufblühen kommen, allmählich aber überfordert man die reduzierten Kräfte. Wie fördert man also den Zusammenhalt? Indem man nicht sein eigenes, sondern das Wohl des anderen sucht und den anderen höher achtet als sich selbst. Karl-Otto Herhaus