In meiner Kindergartengruppe melden sich oft viele Kinder gleichzeitig mit ihren Wünschen und Bedürfnissen. Da kann es vorkommen, dass ein »leiseres« Kind mal nicht so schnell gehört wird wie eines, dass sich durch Lautstärke oder Ziehen am Ärmel Aufmerksamkeit verschafft, während sich das schüchterne Kind schon abgewendet hat. So etwas tut mir im Nachhinein sehr leid und ich gehe dann bewusst auf das Kind zu und erkundige mich nach seinem Anliegen. Denn kein Kind soll das Gefühl haben, dass es nicht gehört wird.
Haben wir manchmal den Eindruck, übersehen zu werden, zum Beispiel bei der Gehaltserhöhung, oder weil unsere Mühe im Haushalt nicht wertgeschätzt wird? Fühlt es sich nicht oft so an, dass wir im Leben einfach zu kurz kommen?
Gott übersieht im Gegensatz zu uns Menschen niemanden. Wir müssen uns nicht »in Szene setzen«, damit er uns hört. Ob schüchtern oder fordernd, mutig oder ängstlich, Gott ist ein Gott, der Sie sieht! Er achtet nicht nur auf die Gebete derjenigen Menschen, die laut und eindrücklich beten können. Nein, Gott ist »nahe allen, die ihn anrufen, allen die ihn ernstlich anrufen« (Psalm 145,18). Er hört auch das schwache Gebet, das aus einem unsicheren Herzen kommt. Gerade die ersten Gebete eines Menschen mögen unbeholfen klingen. Aber wenn sie ehrlich gemeint sind, hört Gott genauso, als würden ihm perfekt formulierte Bitten vorgetragen. Eine Kindergärtnerin mag nach einem anstrengendem Tag mit ihren Nerven am Ende sein und keine Kraft mehr haben, sich noch einem weiteren Kind zuzuwenden. Gott aber wird Ihren leisen, vielleicht holprigen, aber ehrlichen Ruf nach seiner Wegweisung und Hilfe hören – und antworten.
Silvia Lammers