Alles wurde finster, sobald sich Adam und Eva gegen Gott gewandt hatten. Nun konnten sie Gott nicht mehr sehen. Es war, als habe sich eine große, undurchdringliche, dunkle Decke zwischen das Licht Gottes und den Ort der Menschen geschoben. Seitdem bemühen sich die Menschen im wahrsten Sinn mehr schlecht als recht, sich durch das nun so dunkle, kalte Leben zu schlagen. Dabei gilt gewöhnlich das Recht des Stärkeren, Schlaueren, Brutaleren. Ja, man hat dies sogar allgemein zum Prinzip des Lebens erklärt und lehrt es in Schulen und Universitäten, allerdings ist das Jammern groß, wenn sich die Folgen dieser Philosophie zeigen, wenn die Starken die Schwachen unterdrücken, ausnutzen und als eigentlich nicht überlebenswert verachten.
In all dieser gottfernen Finsternis blieb die Sehnsucht nach Hilfe erhalten, und die Menschen erdachten sich Götter. Sie waren aber nur Bilder ihrer Seele, die sie an die Unterseite der dunklen Decke projizierten, wie der Psychoanalytiker Freud es treffend dargestellt hat. Darum zeigen diese »Götter« auch die gleichen Leidenschaften, Begierden und Bosheiten wie ihre Erfinder. Sogar die Ohnmacht dieser Götter gegen das »Schicksal« ist ein Spiegelbild der menschlichen Erfahrung. Das wird besonders in den germanischen Göttersagen deutlich.
Auch die Künste sollen helfen, die Daseinsängste zu vertreiben und ein wenig Sinn in die Sinnlosigkeit des Daseins zu bringen; denn welchen Sinn hat alles Leid, wenn man als ein Zufallsprodukt nur kommt, um wieder zu vergehen? Ja, und wer es weniger intellektuell mag, tröstet sich mit Unterhaltung und Vergnügungen. Wirklichen Frieden aber gibt es unter diesen Umständen nicht.
Hermann Grabe