Unser Theologieprofessor wollte uns während einer Freizeit das selbstständige Nachdenken beibringen. Das sollte uns helfen, Problemlösungen für den Alltag zu finden. Er nannte es »Meditieren«, obwohl er es scharf von fernöstlichen Praktiken abgrenzte.
Dazu schickte er uns einzeln in die umliegenden Wälder. Ich ging also los und hatte schon bald eine Marienkäferlarve entdeckt. Weil ich deren Fressgewohnheiten kannte, suchte ich nach einer Blattlaus, die ich auch zufällig in der Nähe fand.
Als ich sie der Räuberin hinhielt, schoss sie darauf los, wie ein Magnet auf einen eisernen Nagel. Und schon bald sah ich unter meiner scharfen Lupe, wie der Blattlausbauch knittrig wurde wie eine Plastiktüte, aus der man die Luft saugt. Bis auf ein Bein hat die Larve nach und nach das ganze Tier aufgefressen.
Auch wenn wir es durchaus begrüßen, wenn Blattläuse gefressen werden, ist es doch für uns Menschen eine traurige Sache, wenn wir hilflos Kräften ausgeliefert sind, die stärker sind als wir. Viele Menschen haben sich selbst anderen Menschen in die Hand gegeben, die sie systematisch ausnutzen oder missbrauchen, und alle Versuche, ihnen zu entkommen, schlagen fehl. Andere wieder wurden durch den Zwang der Verhältnisse in diese missliche Lage getrieben. Drogen und auch andere Verführungen sind oft stärker als wir, und wer in ihren Fängen sitzt, kommt allein nicht mehr los. Besonders solchen Leuten gilt unser Tagesvers. Jesus Christus kam in der Kraft des Heiligen Geistes auf diese Erde, um alle zu befreien, die sich selbst nicht helfen können. Und wenn wir ganz ehrlich sind, müssen wir bekennen, dass niemand ohne diesen großen Helfer wirklich vom Bösen befreit werden kann.
Hermann Grabe