Siehe, zum Heil wurde mir bitteres Leid.
Jesaja 38,17
Schreckliche Ereignisse begleiten unser Leben. Vulkanausbrüche, Flutkatastrophen, unheilbare Krankheiten, Hungersnöte usw. Und wo ist Gott? Das ist wohl die am häufigsten gestellte Frage. Und zweifellos ist es auch die rätselhafteste Frage unseres Daseins. Denn wir werden sie nie umfassend beantworten können. Es bleiben immer Aspekte offen. Denn könnten wir diese Frage bis ins Letzte klären, müssten wir ja Gott in allem verstehen. Aber das geht nicht. Die Tatsache, dass Gott Gott ist, schließt aus, dass wir ihn in allem verstehen können.
Aber heute wollen wir die Frage einmal umdrehen. Und vielleicht bringt uns das neu ins Nachdenken. Wir wollen nicht immer sofort Gott den Schwarzen Peter zuschieben. Fragen wir uns also: Wie kann der Mensch das alles zulassen? Angesichts schlimmster Folgen einer Flut im Ahrtal im Juli 2021 fragen wir: Hat Gott die Böden versiegelt und in den natürlichen Wasserlauf eingegriffen? Hat Gott die Sirenen abgestellt, die die Menschen vor den Wassermassen gewarnt hätten? Viele unserer Probleme sind doch hausgemacht.
Ich wünsche mir einen differenzierteren Umgang mit der Leidfrage. Denn es gibt selbst verschuldetes Leid. Dafür können wir Gott nicht verantwortlich machen. Wer trotz wiederholter Warnungen riskante Überholmanöver fährt und dann im Graben landet, sollte nicht Gott die Schuld geben. Dann gibt es offensichtlich Leid, das Menschen anderen Menschen zufügen. Auch hier ist nicht Gott der Verursacher. Denken wir nur an die vielen Missbrauchsfälle. Vielleicht fordern wir schnelleres Eingreifen von Gott. Aber hätte Gott alles Unrecht gleich gerichtet, wäre die Erde längst menschenleer. Leid ist und bleibt der Anruf Gottes an diese Welt. Wenn wir ihn nicht überhören, kann Leid zum Heil führen.
Hartmut Jaeger