Die alte Dame war im Jahr 1900 geboren und hatte fast ein Jahrhundert gelebt. An einem Karfreitag besuchten meine Familie und ich sie, wenige Stunden vor ihrem Tod. Ihre Haare waren ergraut. Das Alter und die Härten des Lebens hatten in ihrem Gesicht viele Falten hinterlassen. Ihr Mann war vor 31 Jahren gestorben. Zwei Kinder hatte sie durch Krieg und Krankheit verloren. Harte Arbeit, Entbehrungen und Enttäuschungen waren ihr nicht erspart geblieben. Ihr Gesicht war so runzelig, dass mein 5-jähriger mir zuflüsterte: »Die alte Frau sieht ja aus wie eine Hexe.«
Ihre biologische Lebenskraft war zwar nahezu am Ende, ihre geistliche Zuversicht und ihr Gottvertrauen jedoch ungetrübt. »Der Herr Jesus kommt und holt mich nach Hause«, sagte sie voller Erwartung. Die Frühlingssonne schien auf ihr müdes Gesicht. Unvergessen bleibt mir, wie bei diesen Worten ein Lächeln ihre Züge erhellte und ihre Vorfreude und tiefe Gewissheit ausdrückte. »Das Beste kommt noch!«, meinte sie. Der Tod war für sie kein Schrecken, sondern das Tor zu ihrer Heimat und ihrem ersehnten Herrn und Heiland Jesus Christus.
In dem obigen Bibelzitat beneidet Bileam die Aufrichtigen um ihren Tod und wünscht sich, so sterben zu können wie sie. Um als Aufrichtiger sterben zu können, ist es allerdings nötig, im Leben aufrichtig zu werden, vor allem vor Gott. Offen können wir ihm unsere Todesangst, unsere Schuld und Sehnsucht nach ewiger Geborgenheit sagen.
Gerrit Alberts