Ein Schäfer erlebte eines Morgens eine böse Überraschung. Als er die Tür des Schafstalls öffnete und seine Herde nach draußen rief, kam keins der Tiere heraus. Er blickte in den Stall, und der war leer. Man hatte ihm in der Nacht alle seine Schafe gestohlen.
Einige Tage später hörte er, dass auf dem Markt einer nahen Stadt Schafe verkauft werden sollten. Die wollte er sich doch einmal ansehen. Es könnten ja vielleicht seine Schafe sein. Und wenn nicht, konnte er sich dann dort eine neue Herde kaufen.
Zu seiner großen Freude erkannte er seine Herde sofort wieder; denn wenn auch für einen Nichtkenner alle Schafe ziemlich gleich aussehen, so kennt ein Hirte seine Tiere sogar mit Namen.
Darum brauchte er sie nur so zu rufen, wie er es jeden Morgen tat. Sogleich hoben alle ihre Köpfe, und dann stürmten sie auf ihn los, sehr zum Ärger der Diebe.
Blicken wir uns den Tagesvers an, so sehen wir, dass die Bibel uns Menschen mit Schafen vergleicht. Das ist einerseits nicht sehr schmeichelhaft, weil wir nicht gern »Schafsköpfe« genannt werden wollen und uns auf unsere Klugheit oft reichlich viel einbilden. Andererseits aber ist es auch sehr tröstlich, besonders wenn man in einer ausweglosen Situation steckt. Auch dann – so sagt uns die Bibel – gibt es einen, der trotz allem den Überblick behält und der das Ziel unseres Lebens im Auge hat und uns Menschen liebt und keinen von uns ins Verderben laufen lassen möchte. Wer zu seinen »Schafen« gehört, der kann ihm folgen, einerlei, ob man selbst auch nur Nebel und Finsternis vor sich sieht. Und er bringt alle, die ihm folgen, in die ewige Sicherheit, zu der uns der Schöpfer eigentlich alle berufen hat. Anna Schulz