Sie war immer arm gewesen; aber seit ihr Mann vor 10 Jahren gestorben war, reichte die Rente der alten Frau vorne und hinten nicht. »Zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel!«, wie man zu sagen pflegt. Eines Tages hatte sie Gelegenheit, ans Meer zu kommen. Als sie das endlos viele Wasser sah, kamen ihr die Tränen: »Endlich einmal etwas, wovon es genug gibt!«, sagte sie, die immer nur den Mangel gekannt hatte.
Und doch war sie im Grunde ihres Herzens zufrieden, weil sie Gott kannte und mit der Bibel einen großen Schatz im Haus hatte. Die Bibel war für sie das Buch, das man nie zu Ende lesen kann. In ihr fand sie Trost und Lebensmut.
Wie ganz anders geht es doch den Menschen, von denen unser Tagesvers spricht. Und von denen gibt es sehr, sehr viele. Ihnen fehlt der Friede des Herzens, den die alte Frau genoss. Sie »trinken« an allen möglichen Quellen und bleiben doch durstig. Das heißt, sie laufen von einer Unterhaltung zur anderen und werden doch nicht wirklich froh. Sie kaufen sich immer das Neueste und Beste und haben doch nie das Gefühl von Wärme und Geborgenheit. Und wenn sie auch fleißig sind und viel verdienen, es reicht doch nicht, um wirkliches Glück einzukaufen. Alles rinnt ihnen wie Sand durch die Hände oder aus ihrem durchlöcherten Beutel.
Fragt man sie nach dem Ziel ihrer Suche, so rufen sie einem im Vorüberlaufen zu: »Der Weg ist das Ziel!«, während sie sich auf ein neues Abenteuer stürzen. Den Spruch hat ihnen irgendein Neunmalkluger aufgeschwatzt.
Gott aber wartet auf seine verlorenen Menschen, um ihnen wirklich Ruhe und Ziel zu geben, wenn sie nur hören wollten.
Axel Schneider