Es ist ein gemütlicher Sonntagnachmittag. Die Sonne scheint und spiegelt sich glitzernd im Schnee. Drinnen in der warmen Wohnung wird »Vier gewinnt« gespielt. Arndt ist vom Typ her eher etwas langsamer, Michael dagegen kann ziemlich schnell schalten. Bisher hatte nur Michael gewonnen, doch - vielleicht aus Überheblichkeit - macht er einen Fehler und Arndt könnte mit einem Spielzug gewinnen. Doch dieser nutzt zum Entsetzen der Zuschauer die Chance nicht, denn alle würden ihm den letzten Sieg des Tages gönnen. Michael - wieder auf der Höhe - scheint sich nun sicher zu sein, das letzte Spiel zu gewinnen. Aber sei es Zufall oder Gottes Gnade, auf jeden Fall hat Arndt plötzlich wieder die Chance zu gewinnen, und Michael erkennt entsetzt, aber beherrscht, dass er verlieren wird. Michael wirft seinen letzten Chip ein. Doch bevor Arndt zum Zug kommt, um seinen Sieg komplett zu machen, betätigt Michael den Chipauslöser. Er beendet somit das Spiel vorzeitig, damit seine Niederlage wenigstens nicht optisch dokumentiert wird.
Ich habe mich damals innerlich maßlos über Michael aufgeregt. Warum hat er Arndt den Sieg nicht gegönnt? Meinen Sie nicht auch, dass es einfach unfair von ihm war?
Später aber kam mir der heutige Tagesvers in den Sinn. Dieser erinnerte mich daran, dass ich mich gar nicht groß über Michael aufregen darf. Denn ich habe mich auch schon oft genug als schlechter Verlierer benommen. Sicher schon wesentlich öfter als Michael.
Jemand sagte einmal: »Wo du mit einem Finger auf den anderen zeigst, da zeigen drei Finger auf dich selbst.«
Dietmar Bauer