Haben Sie schon mal versucht zu beten, aber Sie waren sich unsicher, ob Sie die richtigen Worte finden? Darf man das überhaupt – einfach so – mit Gott reden, oder braucht man bestimmte Formeln, wie zum Beispiel das »Vaterunser«?
Als ich den Tagesvers las, war ich fasziniert davon, wie Habakuk sich traut, mit Gott zu reden. Können Sie, wie ich, den Vorwurf heraushören? Wenn Sie einen ruhigen Moment haben, lesen Sie den Tagesvers mal laut vor. Habakuk bringt seine laute Klage vor Gott und macht ihm Vorwürfe. Darf er das? Beim Lesen wurde ich an meine Kinder erinnert. Die machen sich manchmal reichlich wenig Gedanken darüber, wen sie vor sich haben, und wenn sie frustriert oder ärgerlich sind, dann schreien sie auch schon mal die eigenen Eltern an. Natürlich ist es ein Unterschied, ob das aus Verzweiflung oder einfach aus Respektlosigkeit geschieht.
In der Bibel können wir lesen, dass Gott wie ein Vater zu uns sein will. Im zweiten Kapitel des Buches Habakuk lesen wir Gottes Antwort auf diese Vorwürfe. Erstaunlicherweise ist Gott weder zornig, noch weist er Habakuk wegen der unangemessenen Anrede zurück. Gott antwortet ganz ruhig und gibt ihm sogar ein großartiges Versprechen: »Der Gerechte wird aus Glauben leben.«
Warum ist das so? Ich denke, Gott sieht, dass Habakuks Vorwürfe aus einer tiefen Verzweiflung entstanden sind. Genauso, wie ein Vater sein verzweifeltes Kind nicht rüde abweisen würde, weist Gott Habakuk nicht ab, sondern erklärt ihm seinen Plan. Gott und Habakuk haben ein Verhältnis wie ein liebender Vater und sein Sohn. Das ermutigt mich sehr. Ich darf zu Gott so kommen, wie ich bin, und ihm alles einfach im Gebet vor die Füße werfen. Dazu brauche ich keine Formel, sondern kann frei reden, weil er mein Vater ist.
Anne Paschke