Ein Chinese hatte für den Kaiser eine neuartige Uhr erfunden. In eine große Kerze hatte er in Abständen Goldstücke eingeschmolzen. Brannte sie bis zu einem Goldstück hinunter, so fiel es mit lautem Klang auf einen großen Gong, der unter der Kerze aufgestellt war. Der Kaiser belohnte den findigen Mann. Doch als erst ein Goldstück herabfiel, und dann noch eins, und schon wieder eins, wurde er zornig, dass ihn jemand an seine Vergänglichkeit erinnert hatte. Das Licht wurde gelöscht, und dem Unverschämten der Kopf abgeschlagen! So!
Wir schlagen niemandem den Kopf ab, weil er uns an unser Ende erinnert, aber hören wollen die meisten Menschen genauso wenig davon wie der Chinesenkaiser. Jeder weiß natürlich, dass er einmal sterben muss, doch man verdrängt den Gedanken daran, so gut es geht. Das war früher etwas anders. Bauern zimmerten sich an Wintertagen ihre eigenen Särge und stellten sie auf den Boden; Segelschiffkapitäne meißelten sich ihren eigenen Grabstein, und überhaupt erlebten die Leute in den Großfamilien den Tod häufiger als jetzt, da das Bestattungsinstitut die Sache so diskret wie möglich erledigt.
Eigentlich dient die gesamte Unterhaltungsindustrie dazu, uns vor unangenehmen Grübeleien zu schützen, und sie verdient gut daran. Doch ändert das etwas an den Fakten? Wäre es nicht besser, sich auf sein »letztes Stündlein« einzurichten? Ich meine, wir müssen die Stille aushalten und uns fragen, ob wir mit Gott im Reinen sind, ob wir wissen, dass unsere Schuld vergeben ist und wir einen Platz im Himmel haben. Allein der Herr Jesus Christus kann uns das alles geben.
Hermann Grabe