Maryam (Name geändert) ist 14 Jahre. Maryam ist ein Flüchtling aus Syrien. Bei einem Bombenangriff flüchtete sie mit ihrem Bruder in einen Keller. Unmittelbar vor dem Kellerfenster hielt plötzlich ein Auto. Bewaffnete sprangen heraus und erschossen einen Mann. Bei späteren Bombenangriffen versteckte sich die Familie in einem Zimmer bei ihren Großeltern, weil dieses Zimmer keine Fenster hatte und so den Blick auf die todbringenden Kampfjets verhüllte. - Maryam kann nachts nicht mehr schlafen. Selbst jetzt im sicheren Deutschland kriecht sie in der Dunkelheit ins Bett ihrer Eltern und hält sich an ihnen fest. Ihr Vater ist ihr im Chaos der Welt ein sicherer Fels in der Brandung. Wenn es eng wird, wenn alles hochkommt, sagt sie immer: »Aber mein Vater!«
Die Welt um Habakuk, einem Propheten des Alten Testaments (ca. 7. Jahrhundert v. Chr.), zerfällt. Elend über Elend. Streit und Hader, Gewalttat und Unheil, Krieg und Verwüstung prägen das Alltagsgeschehen. Gesetz, Recht und Ordnung sind außer Kraft gesetzt (Habakuk 1,3). Und doch beendet Habakuk sein Buch mit einem klaren »Ich aber«: Ich aber will Gott loben. - Wie kann man nach den zuvor in drei Kapiteln beschriebenen Katastrophen Gott noch loben? Habakuk kann das, weil er sein »aber« mit einer dreifachen Begründung untermauert: In allem Unheil - aber Gott ist mein Heil. In aller Kraftlosigkeit - aber Gott ist meine Kraft. In aller Ausweglosigkeit - aber Gott hat einen Weg für mich, der mich aus der Not auf neue Höhen führen wird.
Wenn es eng wird, wenn alles hochkommt, dann halten wir uns fest an unserem Vater im Himmel und rufen in die Nacht und die Not hinein: »Aber mein Vater!« Martin von der Mühlen