Es war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich war etwa zehn Jahre alt und meine Mutter hatte mich zum Kaufmann mitgenommen, wo sie ihre Lebensmittelmarken für einige kärgliche Nahrungsmittel einlösen wollte. Vor uns war eine lange »Schlange« und wir mussten »anstehen«. Ich weiß nicht mehr, welcher Kummer mich plötzlich überkam, jedenfalls fing ich zwar lautlos aber heftig an zu weinen. Ich schämte mich sehr, meine Mutter gewiss nicht weniger, doch das Schluchzen steigerte sich nur noch mehr. Da kam eine hinter uns wartende Frau zu mir, sagte: »Komm Junge, nun hör auf zu weinen, ich schenk dir was«, und gab mir einen ledernen Ranzen. Meine Mutter wollte den keineswegs annehmen, denn das war damals ein überaus kostbares Stück, doch die Frau bestand darauf: »Ich kann das Kind nicht so weinen sehen!« Ich weiß nicht, ob meine Tränen dann gleich versiegten, aber diese Frau habe ich bis heute nicht vergessen und ihr Geschenk fast während der ganzen Schulzeit genutzt.
Das Mitgefühl und die Hilfsbereitschaft mancher Menschen ist wirklich zum Staunen. Wo Not aufbricht, nach Unglücksfällen und Katastrophen, versuchen viele, selbstlos zu helfen und Not zu lindern. Um wie vieles ärmer wäre diese Welt, wenn es solche Anteilnahme nicht gäbe.
Ein besonderes Vorbild darin war Jesus Christus, der Sohn Gottes. Wo er Not antraf, hat er geholfen, so auch dem Aussätzigen in dem Bibelvers oben. Er scheute sich auch nicht, diesem Mann, der wegen seiner Krankheit als unrein und unberührbar galt, die Hand zu reichen und ihn zu heilen. Und bis heute möchte er liebend gerne jeden von der Sündenkrankheit heilen, die unser Leben kaputt macht und uns ins ewige Verderben bringt. Otto Willenbrecht