»Er hat mich so schrecklich verletzt und sieht es noch nicht einmal ein!« So klagen auch Christen immer häufiger, nicht nur, weil die Mitmenschen von Jahr zu Jahr rabiater werden, sondern auch, weil die Leidensfähigkeit in unserer Spaßgesellschaft rapide abgenommen hat.
Sehen wir uns aber den Tagesvers an, so steht da einer vor uns, der nicht nötig hatte, Gleiches mit Gleichem zu vergelten und sich auf andere – vielleicht heimliche Art – zu rächen.
»Ja,« heißt es dann, »das kann für uns nicht gelten. Wenn ein Mensch immerzu gedemütigt wird, bekommt er am Ende Magengeschwüre oder verfällt in Depressionen.« Das stimmt leider, solange wir auf unsere Möglichkeiten angewiesen sind und uns nichts anderes übrig bleibt, als dauernd das Genick einzuziehen, wenn andere auf uns rumtrampeln. Der Rat, sich zur Wehr zu setzen, ist gerade für die hier angesprochenen Menschen gar nicht durchführbar. Und dem Frieden dient er auch nicht, wenn aus Angegriffenen Angreifer werden.
Aber wozu haben Gläubige das Evangelium und die Verheißung, dass Gott auf unserer Seite ist? In Psalm 56 steht, dass Gott unsere Tränen aufhebt. In diesem Bewusstsein können wir auch beten lernen: »Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!« Dann lebt man bei äußerem Sturm in innerem Frieden. Anstatt depressiv zu werden, gewinnt man aus der Erfahrung Hoffnung und die Hoffnung wird uns nicht enttäuschen, weil man Gott immer besser kennen lernt. Das wünsche ich jedem, der jetzt gerade durch ein »dunkles Tal« zu gehen hat.
Hermann Grabe