Ich hielt freudig eine Wurstscheibe in der Hand. Eine nette Metzgerin hatte sie mir abgeschnitten. »Ja und …? Was sagt man jetzt?«, rief mir meine Mutter zu. – Ach ja! »Dankeschön!«, kam dann über die Kinderlippen. Das war damals, vor über 50 Jahren. Später in meiner Lehrfirma bedankte ich mich, als mir mein Chef die Lohntüte überreichte; denn ich hatte es ja so gelernt. Doch meine Kollegen korrigierten mich und meinten: »Ein Dankeschön ist hier nicht angebracht. Du hast doch Anspruch auf deinen Lohn.«
Ein anderes Mal sitze ich mit Geschäftsfreunden am Mittagstisch. Wie gewohnt, verneige ich mich zu einem Tischgebet: »Was haben Sie denn da gemacht?«, fragten sie erstaunt. »Ich habe Gott für die gute Mahlzeit gedankt«, war meine Antwort.
Warum tun wir uns eigentlich so schwer, wenn wir Danke sagen sollten? Was vergeben wir uns denn dabei? Sind wir zu stolz oder ist es Gedankenlosigkeit? Dabei könnten wir doch durch ein ehrliches Dankeschön so viel Freude beim anderen auslösen. Unsere moderne Leistungsgesellschaft hat das »Danke-Sagen« nicht im Programm.
Sind wir stolz auf unser eigenes Können und den Wohlstand, den wir erarbeitet haben? Oder meinen wir, es wäre ein Ausdruck von Schwachheit, wenn wir uns bedankten? Wir sollten uns einmal fragen: »Ist es unser Verdienst, dass wir gesund sind, dass wir in einem Land wohnen, in dem kein Krieg ist, wo es ausreichend Nahrung und Kleidung gibt?« Gott gibt uns so viel Gutes und bereitet reichlich Anlässe zur Freude. Er will, dass wir die vielen Freundlichkeiten nicht einfach wie selbstverständlich einstecken. Er wartet auf unser Dankeschön. Siegfried Lambeck