So werden viele nicht fragen, sondern kühn behaupten: »Wir sind doch als moderne Menschen keine Götzendiener, die Götzenbilder anbeten!« Dieser Meinung war schon der Kirchenvater Augustinus (354-430) und ließ deshalb bei der Aufzählung der Gebote das zweite einfach weg. Martin Luther ist ihm in seinem Katechismus darin gefolgt, während Orthodoxe, Anglikaner und reformierte Kirchen (in Deutschland der Heidelberger Katechismus) dem Bibeltext den Vorrang gegeben haben.
Nicht ohne Grund! Denn göttliche Weisungen haben nicht nur zeitgeschichtliche Bedeutung. Wie viele Leute machen sich schon von ihren Mitmenschen ein bestimmtes Bild, z.B. vom zukünftigen Ehepartner, und sind später enttäuscht, dass der Betreffende dem nicht entspricht! Deshalb mahnte der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (1911-1991) einmal: »Du sollst dir kein Bildnis machen«, womit er das 2. Gebot ganz allgemein für unsere Zeit wieder aufnahm.
Denn viele Menschen machen sich auch ihr Gottesbild zurecht, zwar nicht handgreiflich wie im Altertum, aber gedanklich und glaubensmäßig. Am beliebtesten ist da das Bild vom »lieben Gott«, der nur dazu da ist, dass es uns gut geht. Weil das aber nicht immer der Fall ist und wir auch Böses erleben, ist man enttäuscht, spricht Gott die Allmacht und schließlich auch die Existenz ab.
Unser Gottesbild sollen wir uns nicht aus Tradition und religiösem Gefühl selbst bilden, sondern wir sollen auf Gottes Wort hören. Dort, in der Bibel, finden wir das allein richtige Gottesbild, besonders wenn wir Jesus Christus als unseren Retter und Herrn kennenlernen. »Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen« (Johannes 14,9). Gerhard Jordy