Nizza. Montag, der 19. Juli 1976. Der Bankdirektor der Société Générale will wie jeden Morgen den Tresorraum öffnen, aber die schwere Stahltür klemmt. Also lässt er Handwerker kommen. In ein paar Minuten wird die Störung behoben sein. Aber die Verriegelung gibt nicht nach. Gegen Mittag rücken Spezialisten an, die den gesamten Tresorflügel aus den Angeln im Beton stemmen müssen. Ein teures Unterfangen. Als sie Stunden später ins Innere des Tresors blicken können, stellen sie entsetzt fest: Ihnen ist jemand zuvorgekommen. Der Direktor betritt atemlos die gepanzerte Kammer und bricht fasst zusammen. Die Tresortür ist von innen zugeschweißt! Alle Schließfächer sind aufgebrochen! Alle Einlagen - Geldscheine, Juwelen, Goldbarren - sind weg! Auf Augenhöhe gähnt eine runde Öffnung im Beton - ein unterirdischer Tunnel. An der Wand hat jemand eine knappe Botschaft hinterlassen: »Ohne Waffen, ohne Gewalt, ohne Hass!«
Dieser Coup brachte dem Täter viel Bewunderung ein. Ohne Waffengewalt und ohne Blutvergießen, aber mit genialer Überlegenheit hatte er fette Beute gemacht. Außerdem besaß er noch die Nerven eine Bekenner-Inschrift zu verfassen ...
In Matthäus 12,29 fragt uns Jesus: »Wie kann jemand in das Haus eines Starken eindringen und seinen gesamten Hausrat rauben?« - Es muss ein Stärkerer kommen - ein Genialerer, ein Mächtigerer. Und er selbst kam und nahm dem Teufel die Macht des Todes (Hebräer 2,14). Er raubte ihm seine Beute - und befreite seine Geknechteten aus dem Gewahrsam - ohne Waffen, ohne Gewalt, ohne Hass! Mit der Macht der Liebe brach er den Kerker, denn er ist stärker! Johannes der Täufer wusste es im Voraus: »Nach mir kommt, der stärker ist als ich.«
Andreas Fett