Ein Fünfjähriger, der es zuweilen mit dem Gehorchen-Lernen sehr schwer hatte, hörte einmal, dass es früher viele Könige gab und dass es auch heute noch einige gibt. Das Schönste an diesen Leuten war für den Kleinen, dass die niemand gehorchen mussten. Im Gegenteil, sie konnten befehlen, was sie wollten, sogar Köpfe durften sie abschlagen, wenn einer nicht tat, was sie ihm gesagt hatten.
»Ich will ein König sein!«, stellte er daraufhin fest. Für ihn wären dann alle Probleme gelöst gewesen.
»Das geht nicht so einfach«, sagte daraufhin seine Pflegemutter. »König kann nur jemand werden, dessen Vater ein König oder dessen Mutter eine Königin ist.«
Schon früher hatte sie ihm gesagt, dass Gott ein großer König ist. Und alle, die an ihn glauben, werden seine Kinder. Das versuchte sie, ihm nun wieder klarzumachen. Aber der Kleine hörte nicht mehr richtig zu, sondern redete etwas vom König Herodes, über den neulich einmal gesagt wurde, er hätte viele kleine Kinder umgebracht. Der Junge ahnte wohl dunkel, dass die Königswürde der Christen eher etwas mit Dienen als mit Herrschen zu tun hat. Daran aber lag ihm nun wieder gar nichts.
Sind wir Erwachsenen sehr viel anders? Ich glaube nicht. In uns allen steckt so ein kleiner Möchtegern-Herrscher. Erst wer Gott wirklich kennengelernt hat, tritt seine Herrschergelüste freiwillig an Gott ab. »Im Leben herrschen«, wie es in unserem Tagesvers heißt, bedeutet nämlich, dass man mit Gottes Hilfe über den Zorn, den Hochmut und vor allem auch über das Andere-beherrschen-wollen siegen kann, um stattdessen Gott so zu dienen, wie er es haben will. Jesus Christus hat uns das in vollkommener Weise vorgemacht.
Anna Schulz