»Pippi muss neun Jahre alt bleiben. Pippi wäre nicht Pippi, wenn sie plötzlich älter wäre.« Das sagte die vor fünf Jahren verstorbene, beliebte Kinderbuchautorin Astrid Lindgren. Damit hat sie eine ihrer bekanntesten Figuren gut beschrieben. Ein Kind, das die verschlungenen Denkwege der Welt der Erwachsenen weder verstehen will noch ihnen folgen möchte. Das auf Ansehen, Traditionen, liebgewordene Gewohnheiten oder gar entstandene Untugenden keine Rücksicht nimmt und - entgegen dem üblichen Bild von Kindern - seine Rechte in der Welt der Erwachsenen geltend zu machen weiß.
Das Einklagen unserer Rechte liegt uns so nahe wie das Verachten des Geringen. Wir sehen uns lieber als die Besten und Größten. Als Jesus Christus dieses Verhalten bei seinen Jüngern bemerkte, rief er ein Kind in den Kreis der Jünger. Keine »Pippi Langstrumpf«, die ihre Rechte einzufordern weiß. Ein Kind, das von den Umstehenden als Kind, als unreif und wenig beachtenswert, angesehen wurde. Jesus forderte seine Jünger und damit auch uns auf, umzukehren und wie die Kinder zu werden. Zu akzeptieren, dass wir sind, wie wir sind. Mit Mängeln und Fehlern, sündhaft. Auch wenn dies wenig schmeichelhaft für uns ist. Gleichzeitig dürfen wir aber auch in kindlichem Vertrauen das Angebot annehmen, das uns in Jesus Christus gemacht wird. »Er war durchbohrt um unserer Vergehen willen, zerschlagen um unserer Sünden willen. Die Strafe lag auf ihm zu unserm Frieden, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden« (Jesaja 53,5). Und wie er sich für mich Sünder eingesetzt hat, darf auch ich mich für die Verachteten dieser Welt einsetzen.
Gerhard Kimmich