»Solche Gemeinheit, wie konnte er das nur tun. Er weiß doch, wie er mich damit gekränkt hat. Wäre ich dem Kerl doch nie begegnet!«, so hörte ich jemand klagen. Da hatte es erst eine Meinungsverschiedenheit, dann Vorhaltungen und zum Schluss richtige Beleidigungen gegeben.
Wer von den beiden hat es denn nun nötig, einen erneuerten Sinn zu bekommen, wie unser Tagesspruch vorschlägt? Zuerst möchte man sagen, dass »er« anders hätte handeln sollen und darum an der Reihe war, anderen Sinnes zu werden. Bei genauerem Hinsehen wird aber deutlich, dass auch »sie« diese Prozedur nötig hätte, denn was wäre passiert, wenn sie - wie es von Jesus Christus heißt - »gescholten, nicht widerschalt«? Wenn sie die »Gemeinheit« an Gott weitergegeben hätte, weil sie weiß, dass er recht urteilt und den Sanftmütigen belohnt?
So aber waren zwei »nicht erneuerte Sinne« aufeinandergeprallt, und darum das Elend. Man hat wenig Chancen, auf Besserung zu hoffen, wenn man die Sinnesänderung von dem anderen erwartet. Es gibt nur einen Menschen, bei dem etwas zu verbessern ist, und das sind wir selbst. Nur ich kann Gott um die Gnade einer Sinnesänderung bitten, die auch wirklich sofort eintritt, sobald ich begreife, dass der große und gerechte Gott mir auf mein Bitten hin alle meine Schuld vergeben hat. Von da an ist er unser Vater, der uns hilft, seinen wohlgefälligen und vollkommenen Willen auszuführen. »Ja, aber«, kommt dann schnell der Einwand, »dann kann der andere mit mir ja machen, was er will!« Wer so denkt, hat noch nicht verstanden, dass man von da an auch unter dem Schutz des Allmächtigen steht. Probieren Sie's aus!
Hermann Grabe