Als Zivildienstleistender beim Mobilen Sozialen Hilfsdienst gehörte es zu meinen Aufgaben ältere Menschen in ihrer Wohnung aufzusuchen und ihnen im Haushalt zu helfen: Putzen, Bügeln, Kochen, Pflegen, Einkaufen usw. Alle möglichen und unmöglichen Tätigkeiten, die ältere und kranke Menschen selber nicht mehr verrichten können. Manchmal ist der Zivi die einzige Kontaktperson, die diese Witwen und Rentner haben. Eventuell noch der Postbote, aber der hat meistens keine Zeit.
Ich erinnere mich noch gut an Frau N., der ich zweimal wöchentlich die Wohnung putzte. Oft blieb genügend Zeit, um noch ein bisschen miteinander zu plaudern. Über ihre Krankheiten, über die neusten Nachrichten oder mein Privatleben, und was uns gerade so einfiel.
Da ich wusste, dass sie Weihnachten völlig allein vor dem Fernseher verbringen würde, habe ich sie außerhalb meiner Dienstzeit am Heiligabend besucht. Meine Gitarre und eine in Geschenkpapier eingepackte Bibel nahm ich mit. Freudig überrascht über den unerwarteten Besuch ließ sie mich herein. Nachdem ich ihr die Bibel geschenkt hatte, standen ihr Tränen in den Augen. Seit 30 Jahren hätte ihr niemand mehr etwas zu Weihnachten geschenkt. Und in der Bibel hätte sie in ihrer Kindheit zum letzten Mal gelesen. Bewegt versprach sie mir, regelmäßig darin zu lesen. Ich sang ihr mit der Gitarre noch ein paar Glaubenslieder vor und sie bedankte sich herzlich für die gelungene Überraschung.
Damals habe ich beschämt begriffen, mit welch einfachen Mitteln man einsamen Menschen eine Freude machen kann und dabei noch dazu beitragen kann, die Frohe Botschaft von Jesus Christus zu verbreiten.
Uwe Harald Böhm