Gestern ging es um das »Entlassen«. Nun hören Sie sich mal diese Geschichte an: Der Besitzer des Gartens findet also den Jungen pflaumenstehlenderweise. Ihm fallen all die Äpfel und Pflaumen, die Kirschen in Nachbars Garten ein, die er, als er noch ein Knabe war ... Er versetzt sich also in die Denkweise eines kleinen Jungen, erinnert sich, wie saftig und süß die Pflaumen dieses Jahr sind, und außerdem dass er vergessen hatte, die Gartenpforte zu verschließen.
Und nun spricht er den kleinen Dieb an, und es entwickelt sich folgender Dialog: »Na, mein Junge, schmeckt's?« Der Junge (der sich ins Gras plumpsen lässt und den letzten Pflaumenkern ausspuckt, während sein Gesicht die Farbe einer reifen Tomate annimmt): »Au weia!« - »Du weißt doch, dass man nicht klauen darf?« - »Hmm!« - »Habt ihr denn keine Pflaumen im Garten?« - »Wir haben ja keinen Garten.« - »Und du magst Pflaumen sehr gerne?« - »Und wie!« - »Dann darfst du dir die runtergefallenen Früchte aufsammeln und mitnehmen. Und morgen Nachmittag kommst du wieder und bringst einen Korb mit. Dann pflücken wir zusammen Pflaumen für dich und für mich. Es sind ja genug da. Stehlen brauchst du wirklich nicht!«
Ich weiß nicht, ob solche Handlungsweise pädagogisch einwandfrei ist. Aber der Junge hat etwas über das zweite Wort für »Vergeben« in der Bibel gelernt, das »Gnade zuwenden« übersetzt werden müsste. Gott ist voller Gnade gegenüber uns Menschen. Er wird in unserem Tagesspruch sogar »Philanthrop« (Menschenfreund) genannt und will, dass allen Menschen geholfen wird, allen, die sich helfen lassen wollen. Dabei bleibt er immer noch gerecht; denn unsere Schuld hat sein Sohn für uns bezahlt. Hans-Peter Grabe