Oft wird den Christen vorgehalten: Wenn es einen Gott, noch dazu einen gütigen und allmächtigen gäbe, müsste die Welt anders aussehen, als sie es jetzt tut. Mit dieser Logik meinen tatsächlich viele, das Thema »Gott« abhaken zu können und damit auch das mulmige Gefühl loszuwerden, dass sie am Ende doch noch zur Verantwortung gezogen werden könnten für alles Böse, das sie getan und alles Gute, das sie unterlassen haben.
Aber hat Gott die Welt so eingerichtet, wie sie jetzt ist? Hat er sie nicht den Menschen zum Bebauen und Bewahren übertragen? War sie nicht »sehr gut«, als sie aus seinen Händen kam? Wer würde den Dombaumeistern in Köln anlasten, dass nach dem zweiten Weltkrieg ihr weltweit einzigartiges Kunstwerk größtenteils zu einer Ruine geworden war? Sie hatten etwas Wunderbares und im Stil der Gotik Vollendetes geschaffen. Für die verbrannten Dächer, die zerschlagenen Fenster und eingestürzten Gewölbe waren andere Menschen verantwortlich, deren Werk der Zerstörung und der Vernichtung galt. Genauso ist es mit dieser Erde. Gott hat sie sehr gut erschaffen. Was haben wir daraus gemacht? Ja, sagen jetzt einige: »Das hätte er doch verhindern müssen!« Wer so spricht, hat nichts von der hohen Würde des Menschen verstanden, die Gott ihm beilegte, als er ihn »in seinem Bild« erschuf. Wir sollten ihn ehren und lieben; aber beides kann man nur wirklich, wenn man verachten und hassen kann. Leider haben wir Mensch seit dem Sündenfall genau dies getan. Weil Gott uns aber als Menschen ernst nimmt, können wir uns für oder gegen seinen heilsamen Willen entscheiden, müssen dann aber die Konsequenzen tragen.
Hermann Grabe