Mit hochrotem Kopf versucht der Zweijährige, seiner Mutter den Teller mit den Plätzchen aus der Hand zu reißen. »Nur noch eins, hatte ich gesagt«, erinnert sie ihn. »Will aber!«, schreit der Junge laut, stößt den Milchbecher um und fängt an, mit dem Kopf gegen die Tischplatte zu schlagen. »Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll«, stöhnt die Mutter verzweifelt. »Seit einiger Zeit macht er das immer, wenn er seinen Willen nicht bekommt. Dann schreit er und haut so lange mit dem Kopf gegen den Tisch, bis ich einlenke. Gestern hat er mich sogar gebissen. Was habe ich nur falsch gemacht?«
Jeder, der kleine Kinder hat, kennt diese Momente, wo man fassungslos das Verhalten seines Sprösslings beobachtet. Woher kommt diese Wut? Woher dieser Trotz und Eigenwille? Man hat dem Kind doch nie beigebracht, wütend zu werden, zu lügen oder aggressiv zu sein! »Das menschliche Herz ist böse von seiner Jugend an«, sagt die Bibel (1. Mose 8,21). Eine niederschmetternde Diagnose. Und doch sehen Eltern jeden Tag, dass sie stimmt.
»Ich habe nun alle Löcher gestopft«, sagte ein Mann einmal. »Ich setze mich keinen schlechten Einflüssen mehr aus.« Und er zählte zufrieden auf, wie er sich von allem Negativen abgrenzte, um das Schlechte in seinem Leben unter Kontrolle zu bekommen. »Das größte Loch hast du aber vergessen«, sagte ihm ein anderer. »Es ist dein eigenes Herz.«
Der Mensch ist böse. Auch unter optimalen Bedingungen gelingt es uns nicht, vollkommen gut zu sein. Was Kleinkinder offen zeigen, verstecken Erwachsene hinter einer Fassade von oberflächlicher Freundlichkeit. Aber wehe, wenn sie bröckelt. Dann treten der Stolz, Egoismus und Eigenwille unserer Herzen offen zutage.
Elisabeth Weise