Heute vor 125 Jahren, am 23. Mai 1886, starb der durch seine Methode der Quellenkritik maßstabsetzende, bedeutendste deutsche Historiker des 19. Jahrhunderts, Leopold von Ranke (1795-1886). Er fasste die Weltgeschichte als die »Hieroglyphe Gottes« auf, also als die geheimnisvolle und heilige Handschrift Gottes, die seine allmächtige Weltregierung andeutet. Dass Gott »in allem Geschehen wohnt, lebt, ist«, war für ihn selbstverständlich; er, der Historiker, wollte der Geschichtswissenschaft »in Gottesfurcht« dienen und war sich dabei in demütiger Selbstbescheidung bewusst, dass er das göttliche Walten in der Weltgeschichte, »die göttliche Ordnung der Dinge«, die über allem schwebt, zwar nicht nachweisen konnte, die aber doch vorauszusetzen sei. Das hinter aller Geschichte liegende Geheimnis göttlichen Willens sei von der wissenschaftlichen Forschung nicht zu erkennen, das sei dem christlichen Glauben an die Offenbarung Gottes in seinem Wort vorbehalten. Als gläubiger Christ war er darum von der absoluten Weltregierung Gottes überzeugt.
Bis an sein Lebensende mit 90 Jahren hielt er unerschütterlich daran fest, dass er durch das Opfer Jesu Christi am Kreuz von Golgatha ein erlöster Sünder war, dem in der Auferstehung ewiges Leben in der Herrlichkeit Gottes zuteil werde. In der Gelassenheit dieser gläubigen Zuversicht schrieb er bis ins hohe Alter an seinem bewundernswert umfangreichen und heute noch lesenswerten Werk von 54 Bänden. Er war ein Mann, der durch die Wissenschaft in seinem Glauben an seinen Schöpfer, an den Herrn der Weltgeschichte und an den Urheber seines Heils in Jesus Christus wahrhaft bestärkt wurde. Gerhard Jordy