Dienstagmorgen bei der Arbeit. Ich frage meine Mails ab und wundere mich: Ein Kollege ist ab sofort nicht mehr Mitarbeiter des Unternehmens. Hat er sich rückwirkend zum 1. des Monats im Konzern verändert? Das wäre seltsam. Da bleibt nur noch die Befürchtung, die schnell zur Gewissheit wird: Wegen Unregelmäßigkeiten trennte man sich im gegenseitigen Einvernehmen.
Mich schockierte das jähe Ende dieser jahrelangen vertrauensvollen Zusammenarbeit. Laut einer Studie neigen gerade langjährige Mitarbeiter zu solchen Taten. Doch für mich beängstigend war, dass wir unsere Mitmenschen nur bis zum Hemd sehen, und nicht ins Innerste, ins Herz blicken können. Was lauert dort bei Ihnen, was lauert in meinem Herzen? Wohin geht das geheime Streben? Zum Gewinn? Oder gar zum unehrlichen Gewinn, um sich das leisten zu können, was der Nachbar bereits hat? Schon David kannte die Neigungen seines Herzens und betete: Lass mein Herz sich nicht neigen zur bösen Sache, gottlos Taten zu begehen mit Männern, die Übeltäter sind. Ich mag nicht kosten von ihren Leckerbissen! (Psalm 141,4). Wenn uns Letzteres, einerlei ob in Form eines kostenlosen Essens oder anderer Zuwendungen, angeboten wird, wie reagieren wir? Das Widerstehen wird uns schwerfallen, wenn wir mit den Augen dauernd nach diesen Dingen schielen und wir fortwährend nach dem schnellen und leichten Geld Ausschau halten. Was unser Inneres erfüllt, wird irgendwann hervorbrechen: Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz seines Herzens das Gute hervor, und der böse bringt aus dem bösen das Böse hervor; denn aus der Fülle des Herzens redet sein Mund (Lukas 6,45).
Gerhard Kimmich