Der Austritt Großbritanniens aus der EU, beschlossen mit dem Referendum vom 23. Juni 2016, war schon früh eine reale Option. Bedenkt man die Geschichte Englands, erleichtert das deutlich die Einschätzung der britischen Politik. England war und ist seit mehr als 300 Jahren eine Seemacht, deren Interesse an Europa immer sekundär war. Es blickte nach Indien, nach Australien, nach Kanada. Was in Europa vor sich ging, wurde im Rahmen seines Weltinteresses beurteilt. Nicht umsonst sprachen die Briten gern von ihrer »splendid isolation«.
Das scheint mir heute wieder der Fall zu sein, obwohl sich die Verhältnisse grundlegend geändert haben. Nur mit Vorbehalten waren die Briten also Europäer, in Europa waren sie nicht richtig verwurzelt. Da darf man sich nicht wundern, wenn sie sich angesichts der Lage, in der sich Großbritannien augenblicklich befindet, die Gelegenheit ergreifen, sich von dem ungeliebten Europa zu verabschieden. Was daraus entsteht, wird die Zukunft zeigen.
Auch zu biblischen Zeiten gab es solche Konstellationen. Lot, der Verwandte Abrahams, trennte sich angesichts der fruchtbaren Ländereien um Sodom herum von seinem Onkel, eine folgenschwere Entscheidung. Elimelech aus Bethlehem wurde auch nicht glücklich in Moab. Zu Jeremias Zeiten war es die Idee vieler Israeliten, den babylonischen Bedrohungen durch einen Wegzug nach Ägypten zu entgehen. Was nun richtig war und was falsch, soll hier nicht entschieden werden. Was wir aber für unser eigenes Leben bedenken sollten, ist, bei unseren Entscheidungen nicht nur nach den eigenen Interessen, sondern auch nach Gottes Willen zu fragen. Denn jeder Schritt ohne ihn und sein Einverständnis ist immer ein Schritt in die falsche Richtung. Karl-Otto Herhaus