Die schmerzlichste Erfahrung, die Jesus Christus am Kreuz durchlitt, war die Gottverlassenheit. Als Jesus am Kreuz hing, stellte selbst er, der als Sohn Gottes in diese Welt gekommen war, die Frage: »Warum?« Er hatte sich hinab begeben in die tiefste Tiefe, die wir als Menschen erfahren können: völliges Ausgeliefertsein ohne jede Hilfe von Menschen und Gott in der schwersten Stunde des Lebens, der Sterbestunde. Fragen nicht auch wir verzweifelt: »Warum?«
Mag auch das Sterben vergleichbar sein, die Antwort auf das »Warum?« ist es nicht. Für uns Menschen lautet sie: Wir haben aufgrund unserer Sünde den Tod verdient. Bei Jesus Christus aber muss die Antwort lauten: Er hat den Tod nicht verdient, denn er war ohne Sünde und gerecht. Doch er nahm unsere Sünden auf sich und starb für uns. Darum hing er am Kreuz; darum wurde er nicht nur von Menschen, sondern sogar von Gott verlassen; darum kam das Gericht unausweichlich über ihn; darum musste er sterben.
Aber so verzweifelt, wie Jesus über das Gericht war, das über ihn hineinbrach, sollten wir wiederum verzweifelt über unsere Sünde sein, die dies notwendig machte. Und wenn wir seine Vergebung in Anspruch genommen haben, sollte unsere Dankbarkeit um so größer sein, dass er uns vor dem ewigen Tod gerettet hat, indem er stellvertretend unsere Strafe auf sich nahm. So weitet sich durch die Antwort auf das »Warum?« am Kreuz für den, der an Jesus glaubt, der persönliche Horizont auf unerwartete Weise: Weil Jesus für mich starb, darf ich leben! Mein Blick darf hinausgehen über das eigene Sterben auf ein Leben mit ihm in der Ewigkeit! Ist das nicht ein ausreichender Grund für einen Jubelschrei?
Joachim Pletsch