Wer ist, der den Rat verhüllt ohne Erkenntnis? So habe ich denn beurteilt, was ich nicht verstand, Dinge, die zu wunderbar für mich sind, die ich nicht kannte.
Hiob 42,3
›Was macht der Kerl da bloß?‹, dachte sich ein Spaziergänger im Kurpark, der einem Angler zusah, der nur kleine Fische behielt und die großen in den Teich zurückwarf. Endlich fragte er ihn und bekam zur Antwort, er habe zu Hause nur eine kleine Pfanne, darum könne er die großen Fische nicht gebrauchen.
Sie sind sicher mit mir einer Meinung, dass ein solches Denken und Verhalten nicht sonderlich klug ist. Und doch handelt die Mehrzahl der Menschen so, wenn es um Dinge geht, die ihren geistigen Horizont übersteigen. Sobald sie zugeben müssten, dass etwas nur möglich geworden ist, wenn eine höhere Absicht dahintersteht, müsste es ja etwas Größeres - oder was noch schlimmer wäre - einen Größeren geben, als sie selber sind. Und dann kommt Christian Morgensterns Weisheit zum Tragen: »Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.«
Hier geht es allerdings nicht um messerscharfes Denken, sondern um den Horror des Menschen, jemanden anerkennen zu müssen, der größer, viel größer, als er selber ist. Dass dadurch unser menschlicher Stolz dann aber einen tödlichen Schlag erhält, das wird messerscharf begriffen. Deshalb glaubt man viel lieber an Zufälle, milliardenfache Zufälle, die alle in die »richtige« Richtung zielten und so eine Welt schufen, in der wir die Herren sind. Na prima, das Rätsel wäre also gelöst! Jetzt muss man nur noch dafür sorgen, mit dieser Ansicht die »Lufthoheit« im Fernsehen, in Talkshows, Schulen und Büchern zu erobern und zu behaupten.
Aber stimmt das wirklich? Wird etwas wahr oder möglich, wenn ich es nur fest genug behaupte? Ob solche Ansicht stimmt, müsste allerdings messerscharf entschieden werden.
Hermann Grabe